ArcheN-Projekt
Schöpfung und Hoffnung bewahren


Vom Nutzgarten zur ökologischen Wüste
Die Veränderung in unseren Gärten



 


In meiner Kindheit in den 1960er Jahren wuchs ich auf einem Dorf in einem Haus mit viel Gartenland auf. Der Garten war damals vor allem eins: Nutzgarten.

Wir hatten ein Feld und Beete für Gemüse (Blumenkohl, Salat, Radieschen, Kohlrabi, Tomaten, Gurken,) diverse Beerensträucher (rote und schwarze Johannesbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren), Obstbäume (Apfel, Birne, Kirschen, Pflaumen, Spillinge, Pfirsiche) Wein, Spargel, Kartoffeln, Rüben und Kräuter. Dazu noch Tiere wie Hühner, Kaninchen, Katze, Gänse und Hund. Meine Mutter liebte auch Blumen und so war vor dem Haus ein großes buntes Blumenbeet. Das Gras musste noch mit der Sense gemäht werden und diente vor allem als Futter für die Tiere. Den Mist lagerten wir auf einen Misthaufen, den Kompost auf dem Komposthaufen und Essensreste gingen ins Tierfutter.

Im Übrigen gab es kaum Müll. Flaschen, Gläser, Lumpen und Altpapier gingen zu SERO in die Wiederverwertung. Obst und Gemüse wurden verbraucht oder für die Einlagerung verarbeitet. So wurde viel eingeweckt, Kartoffeln im Keller eingelagert und einiges kam in die Miete. Unser Garten war eine Kreislaufwirtschaft mit großer Vielfalt an Pflanzen und Tiere. Damit meine ich vor allem Insekten und Käfer die ich als Kind beobachten konnte. 

So wirtschafteten die Menschen über Jahrhunderte und waren damit Teil der Ökosysteme.


Die erste bedeutsame Veränderung kam mit der Wende. Gemüse gab es nun sehr preiswert in makelloser Qualität zu allen Jahreszeiten konstant in diversen Märkten zu kaufen sowie auch Obst konserviert in Glas und Dose für wenig Geld. Die Motivation selbst Obst und Gemüse anzubauen und haltbar zu machen sank erheblich. Die viele Mühe und Arbeit wurde mehr und mehr gescheut und lieber kaufte man die Sachen schnell und günstig ein. So wurde immer mehr Gartenland nicht mehr zum Anbau genutzt und wandelte sich zu Rasenfläche, die man nur noch mähen musste. Zunehmend stellten Märkte dafür technische Geräte wie Rasenmäher, Rasentraktor und Motorsense zur Verfügung. Rasenmähen wurde zu einer festen, fast schon ritualisierten Tätigkeit. Zunehmend musste der Rasen auch nur reiner Rasen sein und wurde von störenden Kräuter und Blümchen befreit. Damit er nach dem Mähen nicht lange leicht gräulich aussah, wurde anschließend eifrig gewässert. Da auch dies noch Arbeit bedeutet, zogen und ziehen mehr und mehr Rasenroboter und automatisierte Rasensprengeranlagen in die Gärten ein. Auf diese Weise entfremdete sich so die Menschen Schritt für Schritt von seinem Garten und der Natur. Der Garten wurde zu etwas dekoratives, was ordentlich zu halten war, aber keinen wirklichen Nutzen für den Menschen mehr hat.


Die nächste gravierende Veränderung kam mit der massiven Versiegelung der Grundstücke und Gärten. Die Einfahrt und der Hof wurden für das oder die Autos gepflastert, Wege wurden befestigt und Terrassen mit Platten belegt. Als Garten bleibt oft nur noch ein Fleckchen grüner Rasen, kombiniert mit wenigen oft nicht heimische Pflanzen, wie z.B. der Kirschlorbeer. (Da diese Pflanzen aus dem Supermarkt häufig aus Asien kamen, brachten diese zu allem Unglück auch noch fremde Schädlinge mit. So z.B. der Buchsbaumzünsler der relativ schnell die Buchsbaumkultur in ganz Europa zerstörte.) Der Prozess der Versiegelung bzw. der Entfremdung zur Natur gipfelte dann im Schottergarten, gern auch als Garten des Grauens bezeichnet. Für den Besitzer entstand etwas Dekoratives mit geringstem Pflegeaufwand. Für die Natur dagegen ein Totalschaden.


Durch diese Veränderungen unserer Sicht auf den Garten und seiner Nutzung verlor die Natur Stück für Stück an Raum und Vitalität. In Kombination mit der moderner Land- und Forstwirtschaft kumulierte der Prozess so zu einer besorgniserregenden Situation für die Tier- und Pflanzenwelt. Den meisten Menschen ist das wenig bewusst. Die Wandlung des Gartens vollzog sich schleichend und kombiniert mit anderen problematischen Prozessen, deren negative Konsequenzen nun langsam immer deutlicher sichtbar werden (siehe Klimaschutz).